NIKOLAUSTRADITIONEN

Der Nikolaus wird auf der ganzen Welt sehr unterschiedlich gefeiert. In den USA bringt er an Heiligabend Geschenke, in der Schweiz besucht er Kinder am sechsten Dezember. Manchmal ist er ein lustiger Mann mit einem dicken Bauch und rosigen Wangen, und manchmal ist er sehr streng und schimpft mit ungezogenen Kindern — wenn sie sich zum Beispiel nicht richtig die Zähne geputzt haben. Aber er trägt immer einen roten Mantel und hat einen fließenden weißen Bart. Schweizer Kinder lernen kleine Verse auswendig und rezitieren sie, wenn der Nikolaus zu Besuch kommt. Im Gegenzug gibt er ihnen Orangen, Schokolade, Nüsse und einige süße Lebkuchen.

Heutzutage hat der Weihnachtsmann viele verschiedene Möglichkeiten, sich fortzubewegen. In Freiburg sitzt er auf einem Esel namens Babalou. In Näfels holt ihn eine Kutsche aus dem Wald ab. In Brunnen fährt er mit dem Boot über den See. In Interlaken fährt er mit dem Zug. Und in den Städten Basel und Zürich hüpft er manchmal sogar auf sein Motorrad.

Weihnachtsmann auf Harley Davidson
© NordSüd Verlag / Yvonne Rogenmoser

Nikolaustag Esel in Oberägeri und Unterägeri

In den Orten Oberägeri und Unterägeri basteln Kinder hölzerne Eselsköpfe, die an langen Stöcken befestigt werden. Dann klopfen sie mit dem Kopf des Esels an das Fenster des Nachbarn – und öffnen und schließen das Maul des Esels, indem sie an einer Schnur ziehen. Er ist offensichtlich sehr hungrig! Am Maul des Esels ist ein Stoffsack befestigt, und die Nachbarn legen Süßigkeiten, Lebkuchen, Schokolade und ein oder zwei Münzen hinein.

Nikolausumzug
© NordSüd Verlag / Yvonne Rogenmoser

Nikolausumzug Küssnacht am Rigi

Beim Umzug ziehen vierzehnhundert Knaben und Männer mit Glocken und in traditionellen weißen Hirtenkitteln durch das Dorf. Ihnen folgen andere, ebenfalls in Weiß, mit riesigen Kopfbedeckungen aus Pappe und farbigem Seidenpapier, die von innen mit Kerzen beleuchtet werden. (Die Kopfbedeckungen heißen Ifflen.) Die Männer bewegen sich in tanzähnlichen Schritten vorwärts, und man könnte meinen, man beobachte Kirchenfenster aus Buntglas, die sich langsam durch das Dorf bewegen.

Nikolausparade Küssnacht
© NordSüd Verlag / Yvonne Rogenmoser

WEIHNACHTSTRADITIONEN

An Weihnachten feiern wir die Geburt Jesu. Und zur Weihnachtszeit ist alles wunderbar festlich: Musik spielt, die Kirchen sind voll, die Menschen verkleiden sich in ihrer schönsten Form und alle sind in fröhlicher Urlaubsstimmung. Familien feiern zusammen, schmücken den Baum, singen Weihnachtslieder, backen Kekse, essen besondere Abendessen und geben sich gegenseitig Geschenke. Kein Wunder, dass die Herzen von Alt und Jung zur Weihnachtszeit ein wenig höher schlagen.

Weihnachtsbaum und Plätzchen
© NordSüd Verlag / Yvonne Rogenmoser

Weihnachtskuchen in der Westschweiz

Der Kuchen ist so hübsch, dass man ihn fast nicht essen möchte! Es sieht aus wie der Ast eines Baumes, aber es ist wirklich ein schwammiger Kuchen mit einer Buttercremefüllung. Eine Schicht Schokolade auf der Außenseite ist die Baumrinde, und es gibt Marzipan Marienkäfer, Blätter und Pilze zur Dekoration. In alten Zeiten versammelten sich Bauernfamilien zu Weihnachten um den Kamin und verbrannten einen großen Baumstamm, dann verstreuten sie die Asche auf dem Feld – als Dank für die Ernte und für viel Glück im kommenden Jahr. Heute ist es in der Schweiz ungewöhnlich, einen Kamin zu haben – und sehr ungewöhnlich, ein Feld neben dem Haus zu haben. Stattdessen sitzen die Leute an einem festlich geschmückten Tisch und essen ein Stück Weihnachtskuchen (Bûche de Noël).

Yule log
© NordSüd Verlag / Yvonne Rogenmoser

Glockengeläut in Morcote

In den neun Tagen vor Weihnachten und an Heiligabend treffen sich die Einwohner von Morcote abends im Glockenturm, wo es einen gemütlichen Kamin gibt. Jeder nimmt etwas zu essen oder zu trinken – eine Flasche Wein, Wurst oder Käse – und sie sitzen zusammen an einem langen Tisch. Einer nach dem anderen stehen sie auf, klettern eine Leiter zu den Glocken und läuten sie von Hand, um einfache, aber festliche Melodien zu machen.

Glockengeläut in Morcote
© NordSüd Verlag / Yvonne Rogenmoser

Riesen-Zylinderumzug in Ziefen

Dieses Kostüm kannst du nicht alleine anziehen. Die großen schwarzen Zylinder sind bis zu 4 Meter (13 Fuß) hoch und müssen mit Holzlatten und Klebeband befestigt werden – helfende Hände sind ein Muss. Bei der Parade – die an Heiligabend stattfindet – kommen die höchsten Hüte zuerst, gefolgt von den mittelgroßen Hüten, dann den normal großen Hüten. Um neun Uhr abends bewegen sich die neugierig aussehenden Männer vorwärts und treten rechtzeitig zu den Klängen der klingelnden Kirchenglocken. Ganz am Anfang steht ein Mann mit einem weißen Bart und einem langen Stock, an den ein rußiger Lappen gebunden ist. Wenn du einem Hutträger zu nahe kommst, wird er dich mit dem Lappen schlagen. Nach fünfundvierzig Minuten ist die Parade vorbei und die Männer gehen zu den Dorfrestaurants, um sich an Heiligabend zu erfrischen.

Riesen-Zylinderumzug
© NordSüd Verlag / Yvonne Rogenmoser

Weihnachtsschmuck in Appenzell

Wenn Sie etwas anderes als einen klassischen Weihnachtsbaum suchen, um Ihr Wohnzimmer zu schmücken, können Ihnen die Appenzeller einen guten Tipp geben. Sie machen einen speziellen Holzrahmen und dekorieren ihn mit köstlichen Dingen zum Essen: Lebkuchen, eine besondere Art von Baiserkeks und Äpfel. In den vier Wochen vor Weihnachten fügen sie dem Rahmen jeden Tag einen weiteren Leckerbissen hinzu. Am Weihnachtstag sind die Dekorationen komplett und es ist ein Hingucker in Häusern, Schaufenstern und Restaurants.

Dekoration in Appenzell
© NordSüd Verlag / Yvonne Rogenmoser

Weihrauch in Appenzell Innerrhoden

Die kleinen Weihrauchkerne haben die Farbe von Bernstein. Wenn sie auf glühende Glut gelegt werden, geben sie ein aromatisches Parfüm ab. Wenn sie in einen Weihrauchbrenner gegeben werden, werden sie verwendet, um Häuser, Werkstätten und Scheunen zu segnen. So machen es die Appenzeller an Heiligabend. Und psst! Es wird gesagt, dass an Heiligabend Tiere im Stall menschliche Sprache sprechen können. Sie sollten also so ruhig wie möglich sein und zuhören, was sie zu sagen haben.

Frankincense
© NordSüd Verlag / Yvonne Rogenmoser

SILVESTER TRADITIONEN

Das Ende des Jahres bedeutet, es ist Zeit für eine große Feier. So bringen Sie auf das Feuerwerk und Feuerwerkskörper! Öffnen Sie den Champagner für Erwachsene und den kohlensäurehaltigen Apfelsaft für Kinder! Aber in den vergangenen Tagen gab es mehr zu Silvester als nur Spaß zu haben. Damals glaubten die Menschen, dass die Tür zur Unterwelt in den zwölf Nächten zwischen Weihnachten und Dreikönigstag – den rauhen Nächten – weit offen stand und dass böse Geister und die Seelen der Toten in unsere Welt aufsteigen und um den Nachthimmel fliegen und Angst und Schrecken verbreiten könnten. Das Feuerwerk, das wir heute noch verwenden, erinnert daran, wie Lärm und Feuer verwendet wurden, um Geister und Kobolde fernzuhalten. In einigen Traditionen spürt man immer noch die uralte Angst vor Dämonen.

Feuerwerk
© NordSüd Verlag / Yvonne Rogenmoser

Lagerfeuer in St. Gallen

Ist es möglich, dass furchterregende Kreaturen noch schlimmere Dämonen vertreiben können? Ja, und genau darum geht es bei der Lagerfeuertradition in St. Gallen. Es gibt eine Legende über den grausamen Ritter Rappenstein, der so böse war, dass er verflucht und für alle Zeiten in eine Schlucht tief in der Erde verbannt wurde. Nur an Silvester kann er entkommen. Aber als er sein weißes Pferd durch die Stadt reitet, sind die Lagerfeuerbauer bereit für ihn. Sie machen einen schrecklichen Krawall mit Ratschen und Glocken. Sie singen Lieder, um Zauber zu wirken, und tanzen mit schrecklichen Masken aus Tierknochen und Zähnen um ihr Feuer. Und sie verbrennen eine hässliche Vogelscheuche, die wie der grausame Ritter Rappenstein aussieht. So schicken sie das Monster zurück in seine Kluft – zumindest für ein weiteres Jahr. . . .

Lagerfeuer St. Gallen
© NordSüd Verlag / Yvonne Rogenmoser

Wacholderumzug in Laupen

„Sie kommen! Sie kommen!“ Eine Gruppe rauer Charaktere rast vom Schloss den Hügel hinunter ins Dorf. Es gibt einen Anführer mit zwölf ‚Besenmännern‘, und ihre Kostüme reichen aus, um die tapferste Seele zu erschrecken. Sie tragen gruselige Holzmasken und tragen lange, spindeldürre Wacholderbesen. Schweineblasen hängen wie seltsame Luftballons an ihren Gürteln. Hinter ihnen machen Glöckner ohrenbetäubende Geräusche. Als die Männer im Dorf ankommen, bilden sie einen Kreis. Langsam senken sie ihre Besen und treiben sie in die Menge der Zuschauer – das schreckt böse Geister ab. Wacholder ist eine alte Medizin, und in den Bergen verbrennen die Menschen immer noch Wacholder als eine Art Weihrauch, um böse Geister in ihren Häusern und Scheunen abzuwehren.

Wacholderparade
© NordSüd Verlag / Yvonne Rogenmoser

Die folgenden Auszüge stammen aus Feste & Bräuche in der Schweiz, einem Buch der North South Edition über Schweizer Feste und Bräuche, geschrieben von Barbara Piatti und illustriert von Yvonne Rogenmoser, die Sie einladen, alle vier Schweizer Bräuche zu entdecken sprachregionen durch ihre lebendige und bunte Tradition.

Die englische Ausgabe des von Mary Carozza übersetzten Buches erscheint im Frühjahr 2020.

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